Niersteiner Geschichte

Der Königsstuhl

Eine bedeutende Rolle in der Geschichte Lörzweilers und des deutschen Reiches spielt die Anhöhe „Königsstuhl“. Nach dem Tod Kaiser Heinrichs II. fand hier die Wahl seines Nachfolgers statt.

Nahezu alle geistlichen und weltlichen Fürsten des Reiches trafen zu fünftägigen Verhandlungen zusammen. Dann schritten sie am 8. September 1024 auf diese Anhöhe, die seitdem den Namen „Königstuhl“ trägt, und wählten Konrad den Älteren zum deutschen König.

Im Mainzer Dom wurde der neu gewählte Konrad II. von Erzbischof Aribo gesalbt und gekrönt.

Außer diesem Gemarkungsteil erinnert heute in Lörzweiler auch noch ein Straßenname, die Königstuhlstraße, an jene denkwürdige Wahl.

Von den Steinen des Hochsitzes wurde später der Niersteiner Wartturm errichtet.

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GVN   Jakob Dörrschuck schreibt dazu in seiner Chronik, S. 41-42 (1928):„Nachdem das Sächsische Herrscherhaus mit Heinrich II. erloschen war, kamen die deutschen Fürsten, sozusagen Herz und Mark des Reiches, mit ihren Mannen zur Wahl eines neuen Königs im Jahre 1024 bei Nierstein zusammen.

Jenseits des Flusses lagerten Slaven, Ostfranken, Schwaben, Noriker (Bayern) und Sachsen, diesseits auf der weiten Ebene zwischen Nierstein und Lörzweiler, dem Königsstuhl, die Rheinfranken (Ribuarier) und die Lothringer. Zwischen beiden Lagern boten die Inseln des Rheines (Kieselwörth) willkommene Stätten, an denen die geheimen Vorverhandlungen stattfinden konnten.

Den Hergang der Wahl schildert der Hofkaplan Wipo in seinem Werke "Wiponis vita Chuonradi Imp." (Wipos Leben Konrads II.). Er hatte der Wahl und Krönung Konrads persönlich beigewohnt. Ludwig Uhland verherrlichte im zweiten Aufzuge des Dramas "Ernst, Herzog von Schwaben" den Verlauf der Wahl in poetischer Weise.

Die Großen des Reiches überlegten mit Sorge hin und her, sie empfahlen und verwarfen diesen und jenen; endlich schwankte nur die Wahl zwischen zwei Urenkeln Ottos des Großen, also Verwandten des vorigen Königsgeschlechtes. Der ältere Konrad, ein Mann von etwa 40 Jahren, der die meisten Stimmen erhielt, war reich begütert um Speyer und an der Hardt, der jüngere Vetter wird "Herzog in Franken" genannt.

Nachdem schon fünf Tage verhandelt worden war, nahm der ältere Konrad seinen Vetter beiseite und stellte ihm vor, wie die Herrschaft ihrem Geschlechte gesichert sei, wenn sie sich vereinigten, durch Zwietracht aber zur ewigen Schande ihres Hauses die Krone einem Dritten zufallen werde.

Daher wolle er, sofern die Wähler dem Vetter geneigt seien, selbst mit Freuden für ihn stimmen; im anderen Falle aber möge er ihm Gleiches mit Gleichem vergelten. Da gelobte der jüngere Konrad, dem älteren ebenso freudig zu huldigen, falls er der Erwählte sein sollte.
Als die Wähler aus der Ferne sahen, wie die beiden Nebenbuhler sich durch Umarmung und Bruderkuss vereinigten, schritten sie auf dem Königsstuhl, auf der Hochebene zwischen Nierstein und Lörzweiler, sogleich zur Wahl.

Der Erzbischof Aribo von Mainz, der zuerst seine Stimme abgab, rief laut den Namen des älteren Konrad, ihm folgten in gleicher Weise alle geistlichen Wähler.

Dann hatte Konrad der Jüngere unter den westlichen Fürsten zuerst seine Stimme abzugeben; er wählte mit lautem Rufe seinen Vetter, und nun stimmten unter frohem Jubel des Volkes die übrigen alle in gleicher Weise. Der ältere Konrad II., der erste Salier, war zum Könige gewählt.

Er wurde sogleich in feierlichem Zuge nach Mainz geführt und von Erzbischof Aribo am 8. September 1024 zum König gekrönt; in gleicher Weise einige Tage später seine Gemahlin Gisela zur Königin.“

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Nierstein, Januar 2019