Inspirierendes Gedenkkonzert mit
Irith Gabriely und Peter Przystaniak

Zwischen Gedenken und Zukunft - so lautete der Titel des Konzerts zum Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus, das der Geschichtsverein Nierstein in Zusammenarbeit mit der Arbeiter-wohlfahrt Nierstein und unterstützt vom EWR am Holocaust-Gedenktag veranstaltete.
Die Klarinettistin Irith Gabriely und der Pianist Peter Przystaniak gestalteten einen, wie der Vorsitzende Hans-Peter Hexemer am Ende feststellte, "bereichernden und inspirierenden" Abend im Haus der Gemeinde, bei dem den Zuhörern "viele neue Fenster geöffnet worden seien".
Dabei nahm er Bezug auf eines der Werke des Konzerts. Die Komposition "Four Windows" von Peter Przystaniak nahm die Zuhörer an die Hand, indem er vier biblische Motive der Chagall-Fenster in der St. Stephanskirche musikalisch-poetisch mit schönen Stimmungen zeichnete. Ein wahrhaft christlich-jüdischer Dialog der in Haifa und Mainz geborenen Künstler Irith Gabriely und Peter Przystaniak.
    Geschichtsverein Nierstein
     
GVN     Hans-Peter Hexemer verdeutlichte in seiner Begrüßung das Anliegen des Abends, "an die Opfer zu erinnern und zu fragen, wie diese Entwicklungen möglich wurden". Weiter: "Wir müssen wissen, was war, damit wir begreifen, was nicht mehr geschehen darf und was wir verhindern müssen." Die Nazis hätten die Musik, die heute erklinge, geächtet und verboten, die Menschen sollten sie nicht mehr hören. Der seit 2009 an der Stätte des Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau entstandene Bilderzyklus "Auschwitz heute" von Martin Blume ermöglichte eine erschütternde, wachrüttelnde Sicht der von den Nationalsozialisten organisierten Massenmorde. Die bewusst verwischten und unscharfen Schwarz-Weiß-Bilder schufen den Raum für eigene Bilder im Kopf.
Uwe Stapf erinnerte an die Gedenkarbeit und die seit 2013 in Nierstein verlegten 54 Stolpersteine; an die Opfer wurde mit den Bildern der Stolpersteine und Nennung der Namen gedacht.
     
Mit Werken von Josef Bonime, Niels Gade, George Perlman, Peter Przystaniak, Jakob Weinberg und Leo Weiner einen weiten Bogen spannte über musikalische Epochen, Stile und Temperamente. Die "Canzonetta", eine jüdische Volksweise von Jakob Weinberg, die zugleich melancholisch, aber auch fröhlich klingt, gefolgt vom temperamentvollen "Tanz des Rabbi" von George Perlman. Der "Bauerntanz" des musikalischen Grenzgängers Leo Weiner, eines jüdisch-ungarischen Musiklehrers war vertreten mit Musik, die auf ungarische Volksweise zurückgreift und dennoch eigenständig ist.
"Zukunft braucht Erinnerung mit Hinblick auf eine bessere Welt", so Irith Gabriel. Benny Goodman, eines ihrer musikalischen Vorbilder, habe in seiner Bigband schwarze und weiße Musiker vereint, lange bevor die Rassentrennung beendet wurde. Virtuose, swingende und groovende Jazzklänge aus seiner Feder wurden von dem Duo Gabriely/Przystaniak herzerfrischend zum Leben erweckt. Ebenso die von Goodman geschaffene Verbindung zwischen Klassik und Jazz, der "Caprice 24", eine Glanzleistung der beiden Musiker. Mit den Zugaben "Let yourself go" von Irving Berlin und der "Hot Sonate" des 1942 im KZ Weißenburg ermordeten deutsch-böhmischen Komponisten Erwin Schulhoff. Er, ein heute vergessener Künstler, war mit seinem kompositorischen Können seiner Zeit voraus.
    GVN

 

Bilder: Axel Schwarz
 

Nierstein, Februar 2016