Ludwig Schwamb und der 20. Juli 1944
Vortrag zum militärischen Attentat und zivilem Widerstand gegen Hitler

Der Undenheimer Ludwig Schwamb gehörte zur ersten Riege des zivilen Widerstandes gegen das Hitler-Regime. Dies betonte die junge Historikerin Sarah Ertel in ihrem Vortrag, zu dem der Geschichtsverein in die Probierstube des Weinguts Mann eingeladen hatte. An prägnanten Beispielen zeigte die Referentin auf, welche politischen, juristischen und christlichen Motive den 1933 des Amtes enthobenen und nach dem gescheiterten Attentat des 20. Juli 1944 zum Tode verurteilten hessischen Staatsrat bewogen haben, sein Leben für ein demokratisches, rechtsstaatliches Deutschland einzusetzen.

Vorsitzender Hans-Peter Hexemer machte zu Beginn deutlich, dass der militärische und der zivile Widerstand zusammen gewirkt hätten. Nach erfolgreichem Attentat hätten keine Strukturen gebildet werden sollen; dazu sei ein Netzwerk im Untergrund aufgebaut gewesen, ein Schwerpunkt habe im Rhein-Main-Gebiet und in Rheinhessen gelegen. Der 20. Juli stehe bis heute quasi symbolhaft und als Kristallisationspunkt aller dieser Bemühungen im öffentlichen Bewusstsein.

Der am 30. Juli 1890 in Undenheim geborene Bauernsohn studierte nach dem Abitur Rechtswissenschaften in Gießen, wurde 1921 beim Finanzamt Alzey Regierungsassessor, 1925 in Oppenheim Oberregierungsrat und wechselte 1928 ins hessische Innenministerium, wo er als persönlicher Referent des Innenministers Wilhelm Leuschner schnell zum Staatsrat aufstieg.

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In Mainz war er schon 1921, ungewöhnlich für diese Zeit und für einen Juristen, der SPD beigetreten. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 wurde er "aus dem Amt entfernt".
Als Syndikus der Berliner Schuhfabrik Tack nahm er 1938 Kontakt auf zu Wilhelm Leuschner und den vor 1933 führenden Sozialdemokraten Carlo Mierendorf und Julius Leber. Schwambs Wohnung in Berlin-Wilmersdorf wurde zum konspirativen Treffpunkt des sich formierenden Widerstands.
Als die ausgebombte Schuhfabrik 1943 nach Frankfurt/Main umsiedelte, baute Ludwig Schwamb als "politischer Beauftragter" im Wehrbereich XII (Wiesbaden, Mainz, Darmstadt, Heidelberg) ein Netzwerk zivilen Widerstandes auf. Im Rhein-Main-Gebiet standen mehr als 500 Zivilpersonen bereit, nach einem Umsturz das öffentliche Leben im demokratischen Sinn weiterzuführen.
Ludwig Schwamb, der auch Verbindungen zum "Kreisauer Kreis" unterhielt und für eine Position in der hessischen Führungsspitze bereitstand, wurde drei Tage nach dem Attentat verhaftet, zum Tode verurteilt und am 23. Januar 1945 hingerichtet. In der Haft blieb er seiner Überzeugung standhaft und schützte seine Mitverschwörer.

Sarah Ertel zeigte auf, dass der in einem demokratisch gesinnten Elternhaus aufgewachsene Ludwig Schwamb konsequent und wohl überlegt seine Überzeugung gelebt hat, der Staat müsse den Bedürfnissen des Volkes sozial gerecht werden. Da dies nach 1933 nicht mehr gewährleistet gewesen sei, habe er sofort in Opposition zu den Nationalsozialisten gestanden.

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Und als gläubiger Protestant ohne enge kirchliche Bindung seien ihm die menschenverachtenden Auffassungen der Nazis zum Recht auf Leben ein Gräuel gewesen.

Schwamb, so Ertel, sei zweifelsfrei zur ersten Riege der Widerstandskämpfer zu zählen.

In der lebhaften Diskussion gab Dr. Lothar Steffan, Sohn des Oppenheimer Widerstandskämpfers Jakob Steffan und Enkel von Schwambs Schwester, Hinweise auf die Rolle von Schwambs Ehefrau Elisabeth geborene Fritz. Sie habe sehr wohl ihren Mann unterstützt, Kurierdienste geleistet und Familienausflüge mit Wilhelm Leuschner und anderen Widerständlern organisiert. Nach dem Krieg betätigte sich Elisabeth Schwamb politisch und saß ab 1946 für die SPD im Mainzer Kreistag. Zu den Gästen des Abends gehörte auch der Großneffe Schwambs, Lothar Schwamb aus Undenheim.

     
Bilder: Hans-Peter Hexemer, Axel Schwarz    
     

Nierstein, September 2014