2022 – Sommerkulturreise Köln

Reisebericht

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Das Interesse an der Sommerkulturreise 2022 war nach zweijähriger Corona-Pause riesig. Diese Exkursion nach Köln führte die rund 40 Reiseteilnehmer auf die Spuren des Adelsgeschlechts der Metternichs, Konrad Adenauers, der Römer in Köln und des Kölner Karnevals.

Ein abwechslungs- und umfangreiches Programm erwartete die Reiseteilnehmer auf dieser Exkursion im 25. Jubiläumsjahr.

Am Freitag, 22. Juli 2022, ging es pünktlich mit dem Reisebus los zur ersten Station. Nach einem kurzen Päuschen bei „Weck, Woscht, Woi“ landeten wir wie geplant im Benediktinerkloster Maria Laach. Das im Jahr 1093 gegründete Kloster am Ufer des Laacher Sees beherbergt auch heute noch fast 30 Mönche, die wir bei ihrem Mittagsgebet begleiten durften.

Eigentlich waren wir dort, um zu erfahren, warum Konrad Adenauer, Oberbürgermeister von Köln von 1917 bis 1933 und erster Bundeskanzler Deutschlands, im Jahr 1933 dort Zuflucht vor den Nationalsozialisten suchte und für zwei Jahre „Bruder Konrad“ wurde. Unser Gastgeber sprach dazu in einem kurzweiligen Vortrag und die anschließende Klosterführung – auch in Bereiche, die nicht für Jeden zugänglich sind – gaben viele historische Einblicke und auch das aktuelle Klosterleben mit all den Arbeiten, die dort zum Erhalt der Abtei verrichtet werden, wurde beleuchtet.

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Unser nächstes Ziel war die Kirche St. Mariä Himmelfahrt in Köln Was macht diese Kirche für Nierstein so besonders interessant? Nun, wir finden dort ein großes Gemälde aus dem Jahr 1642, das Johann Adolf Wolff genannt Metternich zur Gracht und seine Familie zeigt.

Davon abgesehen ist sie natürlich eine außergewöhnlich schöne, prunkvolle Kirche. Johann Adolf hatte im Jahr 1628 den Metternichhof in Nierstein erworben – daher das besondere historische Interesse unseres Geschichtsvereins.

Metternich war nicht oft hier, doch den Wein seines Guts ließ er fässerweise nach Köln transportieren. Und noch etwas wird Johann Adolf nachgesagt: Eine dem Karnevalsruf „Kölle Alaaf“ ähnliche Formulierung ist zum ersten Mal in einer Bittschrift seinerseits an seinen Kurfürsten im Jahr 1635 belegt. Bedeutung: Hinter Köln „falle alles ab“, also erst kommt Köln, dann ganz lange nichts. Da wir auch den Kölner Karneval auf dem Programm hatten, war dies schon mal eine erste Begegnung damit.

Nachdem die Reisegesellschaft frisch und fröhlich im Hotel „Zur Malzmühle“ eingecheckt hatte, ein bisschen pausierte, stand am Abend eine Einführung in die Kölner Brauereikunst an.

Bei der Brauereiführung in der Malzmühle ging es um das Bier – das einzige weltweit –, dessen Name auch eine Sprache ist: „Kölsche Sproch“ und das Bier namens „Kölsch“.

Was ist die Besonderheit, warum wird es nur in „Reagenzgläsern“ serviert, was genau macht ein Köbes, welches Wasser, welche Rezeptur, warum nur weiblicher Hopfen verwendet wird, was obergärig und untergärig bedeutet und vieles mehr wurde uns anschaulich erklärt – und der besondere Geschmack wurde danach beim gemeinsamen, deftigen Brauhaus-Abendessen ausgiebig getestet.

Die Malzmühle ist erstmals erwähnt im Jahr 1572 als Wassermühle. 1858 wurde die Brauerei gegründet und ist die damit die älteste Brauerei Kölns. Das kleine Hotel ist in den letzten Jahren liebevoll ausgebaut worden und wir waren von unseren Zimmern sehr angetan.

Am Samstag starteten wir die große Stadtrundfahrt. Mit unserem Bus ging es vorbei an Zeitzeugen des römischen und mittelalterlichen Kölns. Wir sahen Sehenswürdigkeiten aus allen Epochen. Vom rechtsrheinischen Deutz aus genossen wir den Blick auf die Kölner Altstadt.

Unsere Stadtführerin Sabine Gonzales – ein echt „kölsches Mädche“ –, hat uns mit fundiertem Wissen, viel Empathie und einer gehörigen Portion Kölner Humor einen ersten fröhlichen, inhaltsreichen Einblick in die 2000jährige Stadtgeschichte geboten.

Einen anderen Blickwinkel auf Köln bot uns das Zeitreisekabinett TIMERIDE. Das unzerstörte Köln in den legendäre 20er Jahren. Wir haben in kurzen „Nachrichten“ die Entwicklung verfolgt, und haben dann mit Tessa, der Hutmacherin, und dem kölschen Urgestein, Straßenbahnfahrer Pitter, Köln im Aufbruch erlebt: nach dem erster Weltkrieg, nach britischer Besatzung und spanischer Grippe. Und wir haben es wirklich „hautnah“ erlebt, denn die Straßenbahnfahrt, bei der jeder eine VR-Brille trug, bereitete die virtuelle Illusion, mittendrin zu sein. Das kann man nicht mit Worten beschreiben – das muss man selbst erleben!

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Am Nachmittag trafen wir uns im Römisch-Germanischen Museum. „Culinaria Romana“ – das war das Thema unserer Führung. Dabei ging es um Tischkultur und Tafelfreude der Römer.

Obwohl das Museum sich aufgrund von Renovierungsarbeiten verkleinert hat, gab uns die Führung viele historische Einblicke, veranschaulicht in uralten Reliquien aus der Römerzeit, die Köln sehr stark prägt. Im 1. Jahrhundert n. Chr. kamen die Römer an den Rhein, gründeten zahlreiche Städte.

Auch Nierstein konnte als Buconica anhand zahlreicher Grabfunde identifiziert werden. Das interessanteste Relikt hier ist sicherlich das Sironabad. Historische Anmerkung: Bei Stadtgründung im Jahr 50 n.Chr. hieß Köln: Colonia Claudia Are Agrippinensium – kurz CCAA. Claudische Kolonie und Opferstätte der Agrippinenser.

Am Sonntagmorgen wurde es spannend: Wir bekamen Besuch vom ehemaligen Oberbürgermeister der Stadt Köln (von 2000 bis 2009), Dr. Fritz Schramma – auch „ne echte kölsche Jung“ –, immer noch sehr aktiv in vielen Gremien aus Politik, Wirtschaft, Kultur, Soziales und Sport. Er ist überaus populär und nebenbei historisch interessiert.

Er folgte der persönlichen Einladung unseres Vorstandsmitglieds Aud Hoßbach-Appelmann – sie hat lange Zeit in Köln gelebt und gearbeitet – und kam in die Malzmühle, um mit uns zu frühstücken. Der Ehre dieses Besuchs bewusst, hatten wir natürlich ein Weinpräsent und Publikationen im Gepäck.

Doch Fritz Schramma überraschte uns nicht nur mit seinem lebensnahen Bericht zu den für Köln typischen „Vier K“ (Klüngel, Kirche, Karneval und Kölsch), sondern hatte auch eine Überraschung im Gepäck: Für jeden von uns gab es einen ganz besonderen Orden als Geschenk – seine aktuellen Ehrenorden der verschiedenen Karnevalsgesellschaften. „Ein Streifzug durch Kölner Geschichte und Geschichtchen wie man ihn nicht alle Tage erlebt“, resümierte Vorsitzender Hans-Peter Hexemer. Begeistert und mit einem „leisen“ Kölle Alaaf – außerhalb der Session darf man es nicht laut rufen – haben wir uns von ihm verabschiedet. Er schrieb uns im Nachhinein: „… tolle Truppe, ich war sehr gern bei Euch. Macht weiter so!“.

Und dann ging es auch schon weiter – in den wirklich ursprünglichen, historischen Karneval: Wir durften bei den „Funken rut-wieß von 1823 e.V.“ in deren Allerheiligstem zu Gast sein.

Da kommt sonst keiner so einfach hinein in die „Ülepooz“ – einem alten Teil der Kölner Stadtmauer inklusive Turm aus dem frühen 13. Jahrhundert. Dieses Portal haben die Roten Funken übernommen und sich für dessen Erhaltung verpflichtet.

Wir waren die Ersten, die nach aufwendiger Renovierung, Sanierung und Umgestaltung zu Gast sein durften. Die beiden Knubbelführer „Klötz“ (Dr. Jürgen Zumbe) und „Jereech“ (Boris Müller) gaben uns einen kurzweiligen, inhaltsreichen Einblick in die Historie der Roten Funken, der Ülepooz und des Kölner Karnevals allgemein. Vielen von uns war gar nicht bewusst, dass Karneval viel mehr als „Party“ ist, nämlich reichlich ehrenamtliches Engagement, gutes Wirtschaften und viel Unterstützungsarbeit im sozialen Bereich.

Nach der Turmbesteigung mit immerhin 150 Stufen gab es abschließend einen wunderbaren Rundblick über Köln.

Die nächste Station war der Kölner Rheinauhafen. Mit unseren Stadtführerinnen Sabine Gonzales und Elke Hecker machten wir uns auf Erkundungstour im jüngsten Stadtviertel Kölns.

Es faszinierte durch die unverkennbare Herkunft als altes Hafengelände, das sich in ein hochwertiges Geschäfts- und Wohnviertel gewandelt hat.

Neben den Hafenbecken, dem ehemaligen Hafenamt und historischen Bauten beherrschen die Kranhäuser und weitere moderne, in Linie angeordnete Neubauten das Bild.

Vom eigentlichen Ziel, aus dem Rheinauhafen eine gut besuchte „Flaniermeile“ zu machen, sind die Stadtplaner aber noch weit entfernt – es wirkt alles recht kühl.

     
Es waren mittlerweile fast 30 Grad und wir waren froh, nach dieser Tour erst einmal wieder im klimatisierten Bus zu sitzen – auf dem Weg zum letzten Punkt unserer Reise, dem Schloss Gracht in Erftstadt.

Dieses Schloss war über 400 Jahre (ab 1542) Stammsitz der Familie Wolff Metternich zur Gracht, deren Wirken wir bereits in der Kirche Mariä Himmelfahrt am ersten Tag der Reise bestaunen konnten.

Das Schloss an sich ist leider nicht zu besichtigen, es ist nach vielen verschiedenen Besitzern nun eine Privatklinik. Doch den dazugehörigen wunderschönen, sehr gepflegten Schlosspark konnten wir besuchen.

Initiiert und organisiert hat diese Reise Vorstandsmitglied Aud Hoßbach-Appelmann – fast ein „Kölsche Mädche“ –, die bei der Realisierung tatkräftig von Schatzmeister Axel Schwarz unterstützt wurde.

Dafür gab es viel Beifall der Reisegesellschaft und ihr wurde von Hans-Peter Hexemer eine Nachbildung eines römischen Weinglases als Dank überreicht.

     
     
© Texte und Fotos – soweit nicht anders angegeben: Geschichtsverein Nierstein e.V.    
     

Nierstein, Juli 2022