16 Stolpersteine erinnern an vier jüdische Familien
Zweite große Verlege-Aktion des Geschichtsvereins Nierstein am 13. Mai 2014

 

Nierstein. Zum zweiten Mal verlegte der Geschichtsverein Nierstein Stolpersteine für die Opfer der Diktatur der Nationalsozialisten.

Vier jüdische Familien standen dieses Mal im Mittelpunkt des Gedenkens, zu dem auch der Initiator der Aktion, der Kölner Künstler Gunter Demnig angereist war.
Durch die 16 Stolpersteine, die im Gehweg vor ihrem letzten freiwillig gewählten Wohnort verlegt werden, kehren die Namen der Opfer zurück an die Orte ihres Lebens.
Auf diese Weise erinnern der Geschichtsverein und sein Arbeitskreis Stolpersteine an die Menschen, die einst in Nierstein lebten, ehe sie gedemütigt, ausgegrenzt, verhaftet, gefoltert und ermordet oder ins Exil getrieben wurden.

   

Zur Eröffnung der Veranstaltung im Hof des Kaufhauses Trapp waren Vertreter aus Politik, Verwaltung und Kirche sowie viele Niersteiner Bürgerinnen und Bürger gekommen, deren Anwesenheit, so der Erste Vorsitzende des Vereins, Hans-Peter Hexemer, "wir als Würdigung und Unterstützung unserer Gedenkarbeit ansehen", die zu einem echten bürgerschaftlichen Projekt geworden sei. Es brauche Mut zu der oft schmerzlichen Erinnerung und immer den Bezug zur Gegenwart. Vor allem aber gelte es der Opfer in Würde zu gedenken.

   


Der Erinnerung, so Hexemer, komme auch als verbindende Begegnung eine ganz besondere Bedeutung zu. Er zitierte André Malraux, Schriftsteller, Widerstandskämpfer und Politiker in Frankreich im letzten Jahrhundert: "Wenn du in der Zukunft lesen willst, musst du in der Vergangenheit blättern." Das tat auch der Erste Beigeordnete Egid Rüger, Jahrgang 1944, der sich erinnerte, wie in seiner Jugend noch oft von den einstigen Niersteiner Mitbürgern gesprochen wurde. Dennoch, auch die älteren Niersteiner kennen heute meist nur noch die Namen der Menschen, für die Stolpersteine verlegt werden. Matthias Hammes, der wie weitere Mitglieder des Arbeitskreises in verschiedensten Archiven recherchierte um Informationen zu den Niersteiner Opfern der NS-Diktatur zu sammeln, bestätigte, wie mühsam dieses Blättern in der Vergangenheit oft ist.

Was der Arbeitskreis über die Opfer in Erfahrung bringen konnte, trugen Matthias Hammes, Hans-Uwe Stapf, Johanna Stein und Dr. Susanne Bräckelmann an den vier einzelnen Stationen vor und erzählten in der Oberdorfstraße 51 (heute Kaufhaus Trapp) vom Kolonialwarenhändler Max Levy und seiner Frau Selma sowie ihren Kindern, Anna und Ernst-Jakob,in der Rheinstraße 23 vom

Weinhändler Gustav Blum, seiner Frau Charlotte und Sohn Robert, in der Rheinstraße 38 vom Weinkommissionär Josef Kaufmann und seiner großen Familie - Ehefrau Fanny, die Kinder Alice-Amalie, Frieda, Irma Regine, Else-Babette und Enkeltochter Stella sowie Schwägerin Jenny und schließlich in der Rheinstraße 12, in der im vorigen Jahr bereits acht Stolpersteine für die Familien Koch, Sonnenberg und Hirsch verlegt worden waren, an Jakob Hirsch, der als Einziger seiner Familie aus dem KZ Theresienstadt befreit werden konnte.

An allen Stationen verlasen acht Schülerinnen und Schüler der 8. Jahrgangsstufe der Carl-Zuckmayer-Realschule Gedichte. Aus den Klassen von Annette Herwig und Susanne Brandt beteiligten sich: Lea Schneider, Lilli Schneider, Lisa Bender, Philip Engelhart, Annalena Müller, Alicja Acker, Janina Schütz und Lena Pohl.

Über dieses Engagement hatten sich die Aktiven des Arbeitskreises Stolpersteine ganz besonders gefreut.

Insgesamt wurden in Nierstein nunmehr bereits 46 Stolpersteine verlegt, weitere 16 Steine sollen im kommenden Jahr folgen. Danach will der Arbeitskreis Stolpersteine im Geschichtsverein Nierstein auch die Erinnerung an die Euthanasie-Opfer aufarbeiten.

Zum Abschluss der Stolperstein-Verlegungen wird der Geschichtsverein Nierstein eine umfassende Dokumentation veröffentlichen.

   
2. Stolpersteinverlegung Nierstein 2014

 

Wer hierzu noch Informationen, Hinweise oder Fotos beisteuern kann, wird gebeten, sich bei Hans-Peter Hexemer, dem Ersten Vorsitzenden des Vereins zu melden (Tel. 06133-58828 oder Hans-Peter@Hexemer.net).

 

Text der Rede des 1. Vorsitzenden Hexemer Inschriften der Steine
     
     
Nierstein, Mai 2014